Gesundheits-Podcast der BKK ZF & Partner

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Episode mit Dr. Sebastian Findeklee und Eva Walle

Julia Kaffka [00: 00:10]:

Julia Kaffka [00: Hallo, mein Name ist Julia Kafka und ich führe euch heute wieder durch euren Gesundheitspodcast der BKK ZF & Partner. Es ist die zweithäufigste gynäkologische Erkrankung, unglaublich viele Frauen leiden darunter und bekommen in den meisten Fällen erst nach Jahren eine Diagnose. Es geht Endometriose. Für viele ist das Thema tatsächlich noch völlig unbekannt. Da sie sich nicht bei jeder Frau gleich zeigt, wird sie auch sehr passend das Chamäleon der Gynäkologie genannt. Viele Betroffene leiden nämlich an chronischen Schmerzen, Unfruchtbarkeit und vielen weiteren Symptomen, auch unter der Nichtsichtbarkeit auf politischer Ebene. Eine, die das ändern möchte, ist Eva Walle. Sie engagiert sich seit ihrer Endometriose-Diagnose ehrenamtlich bei der Endometriose-Vereinigung Deutschland e.V. sowie in der Arbeitsgruppe Endo-Politisch aktiv. Sie betreibt Lobbyarbeit und vertritt die Interessen der Betroffenen gegenüber Politik und Verwaltung. Eva, herzlich willkommen! Hallo!

Eva Walle [00: 01:09]:

Eva Walle [00: Hallo!

Julia Kaffka [00: 01:10]:

Julia Kaffka [00: Hallo! Ebenfalls heute mit dabei ist Dr. Sebastian Findeklee. Er ist Gynäkologe und spezialisiert auf dem Gebiet der Endometriose und Reproduktionsmedizin. Auch Ihnen herzlich willkommen.

Hr. Dr. Findeklee [00: 01:22]:

Hr. Dr. Findeklee [00: Guten Tag, ich freue mich dabei zu sein.

Julia Kaffka [00: 01:24]:

Julia Kaffka [00: Hallo. Betroffene leiden häufig darunter, dass sie von vielen belächelt werden. Also den Satz, stell dich nicht so an oder das sind doch nur Regelschmerzen, ist nicht so schlimm, den haben vermutlich schon viele gehört, sei es vom Arbeitgeber, von Freunden oder Familie oder auch vom eigenen Gynäkologen. Der durchschnittliche Weg zu einer Endometriosediagnose dauert tatsächlich 7 Jahre. Eine sehr lange Zeit, wenn man bedenkt, unter welchen starken Schmerzen die Betroffenen leiden können. Ich bin selbst betroffen und bei mir wurde Gott sei Dank die Endometriose durch einen Zufall mit 15 diagnostiziert. Man dachte, ich habe einen entzündeten Blinddarm und bei der OP hat man sie dann entdeckt. Aber fangen wir jetzt erst mal ganz am Anfang an bei den Basics.

Julia Kaffka [00: 02:09]:

Julia Kaffka [00: Wir holen alle mit ins Boot, die noch nicht genau wissen, was Endometriose überhaupt ist. Herr Dr. Findeklee, Können Sie uns das mal ganz kurz zusammenfassen? Was ist Endometriose eigentlich?

Hr. Dr. Findeklee [00: 02:20]:

Hr. Dr. Findeklee [00: Endometriose bedeutet, dass Gebärmutterschleimhaut, also das sogenannte Endometrium, außerhalb der Gebärmutter vorkommt. Das kann an verschiedensten Stellen im Körper sein, am häufigsten in der Niedergebärmutter, weil man davon ausgeht, dass Endometriose durch eine sogenannte retrograde Menstruation, also den Lauf von Menstrualblut rückwärts über die Eileiter der Richtung Eierstock in das Becken entsteht, kann aber theoretisch auch in anderen Teilen des Körpers vorkommen. Es gibt sogar einen Einzelfall in Endometriose im Bereich des Gehirns oder im Bereich von Nervenschleudern, zum Beispiel am Ischiasnerv. Insofern scheint es auch noch andere Faktoren zu geben, wie zum Beispiel eine Aussaat über das Blut. Diese Endometriose per se scheint bei vielen Frauen vorzukommen. Es gibt allerdings Frauen, wo der Körper es offensichtlich schafft, das Gewebe abzubauen und es keine weiteren Beschwerden gibt. Bei Frauen mit Endometriose geht man davon aus, dass es noch einen weiteren Mechanismus gibt, zum Beispiel ein Problem auf immunologischer Ebene, wo es der Körper nicht schafft, diese Gewährmutterschleimhaut aus dem Becken wieder abzubauen und es stattdessen zu einer Entzündungsreaktion kommt, die teilweise mit sehr starken Schmerzen reagiert, zum Beispiel durch bestimmte Entzündungshormone wie Prostaglandine.

Julia Kaffka [00: 03:39]:

Julia Kaffka [00: Das ist was genau?

Hr. Dr. Findeklee [00: 03:42]:

Hr. Dr. Findeklee [00: Prostaglandine sind Entzündungsmediatoren, Entzündungshormone, die beispielsweise dazu führen, dass die Gewehrmutter sich verkrampft, dass es zu starken Schmerzen kommt im Bereich der Gewehrmutter. Und diese Hormone werden wahrscheinlich freigesetzt, wenn eine Entzündungsreaktion auftritt und der Körper eben versucht, dieses Gewebe abzubauen, dieses Endometriumgewebe, diese Gebärmutter-Schleimhaut.

Julia Kaffka [00: 04:06]:

Julia Kaffka [00: Okay, da stellen sich aber viele natürlich die Frage, wenn man hört sieben Jahre dauert es im Schnitt bis eine Frau wirklich weiß, dass sie Endometriose hat. Das sind ja alles studierte Ärzte da draußen, die sich das anschauen. Man fragt sich, warum ist das so unglaublich schwer, das zu diagnostizieren?

Hr. Dr. Findeklee [00: 04:23]:

Hr. Dr. Findeklee [00: Also eine Schwierigkeit besteht in der Vielschichtigkeit der Symptome. Also das Leitzentrum der Endometriose ist tatsächlich die schmerzhafte Regelblutung, gerade zyklusabhängige Regelschmerzen, also Schmerzen vor und während der Menstruation. Es gibt allerdings auch noch viele andere Symptome, zum Beispiel je nachdem, wo die Endometriose liegt. Wenn sie im Bereich der Blase liegt, kann auch Schmerz beim Wasserlassen dazukommen oder Schmerz beim Stuhlgarn. Es kann auch mitunter zu Schmerzen beim Geschlechtsverkehr kommen. Es kann allerdings auch zu Rückenschmerzen kommen, also je nachdem, wo wirklich die Endometriose lokalisiert ist. Und insofern ist es so, dass manchmal die Endometriose dann vielleicht wirklich nicht erkannt wird, weil sie eben so viele Gesichter hat. Sie sagten ja, es ist wie ein Chamäleon, das sich auf ganz unterschiedliche Art und Weise präsentieren kann.

Hr. Dr. Findeklee [00: 05:14]:

Hr. Dr. Findeklee [00: Hinzu kommt sicher auch die Tatsache, dass eine unauffällige gynäkologische Untersuchung allein eine Endometriose nicht ausschließt. Es kann also durchaus sein, dass man die Endometriose zum Beispiel durch Untersuchungsmethoden wie die gynäkologischen Untersuchungen oder eine Ultraschalluntersuchung nicht diagnostiziert, weil eben diese Herde manchmal ganz, ganz klein sind und wenn sie im Bauchfell liegen, zum Beispiel vom Darm überlagert werden, kann man sie einfach mit bloßem Auge nicht sehen. Und von daher ist es mitunter ein langer Weg, bis vielleicht tatsächlich irgendwann zum Beispiel eine Bauchspiegelung gemacht wird oder weitere Untersuchungen, wo man dann Endometriose feststellt.

Julia Kaffka [00: 05:53]:

Julia Kaffka [00: Mir wurde gesagt, man kann sie tatsächlich am Ende nur feststellen, wenn man reinguckt, sozusagen.

Hr. Dr. Findeklee [00: 05:59]:

Hr. Dr. Findeklee [00: Es gibt In der Tat mittlerweile auch noch neuere Tests, die entwickelt wurden. Zum Beispiel ist im Februar diesen Jahres ein Speicheltest herausgekommen, wo man mit ungefähr 95% Wahrscheinlichkeit nachweisen kann, ob eine Endometriose vorliegt oder nicht. Es gibt auch mittlerweile Biomarker-Tests aus dem Blut. Die sind allerdings wissenschaftlich auch noch nicht hinreichend evaluiert und noch sehr neu, so dass man noch kein abschließendes Urteil darüber abgeben kann. Ansonsten ist tatsächlich nach wie vor die Bauchspiegelung, also die Laparoskopie, der Goldstandard, wo man durch eine feingewebliche Untersuchung oder durch eine Histologie nachweisen kann, ob es sich Erregungspirose handelt oder nicht. Eine Operation dagegen ist natürlich ein invasiver Eingriff, sodass es dort auch so ist, dass natürlich die meisten Frauen davor zurückschrecken und dass man auch nicht gleich als Gynäkologin oder Gynäkologe einer Patientin sagt, man sollte jetzt eine Bauchspiegelung machen, weil das wie gesagt ja auch ein invasiver Eingriff ist, der auch Komplikationen haben kann, wie zum Beispiel auch Orgamiverletzungen oder Ähnliches. Von daher ist es tatsächlich leider in vielen Fällen ein langer Weg. Die Endometriose kann ja auch an verschiedenen Stellen im Körper vorkommen.

Hr. Dr. Findeklee [00: 07:11]:

Hr. Dr. Findeklee [00: Wenn die Endometriose zum Beispiel am Eierstock vorkommt, kann man sie häufig im Ultraschall erkennen. Oder man kann auch manchmal in MRT Endometriose erkennen. Aber es gibt wie gesagt durchaus viele Frauen, gerade bei Endometriose im Bereich des Bauchfelds, wo es nicht möglich ist, ohne den operativen invasiven Eingriff die Endometriose zweifelsfrei nachzuweisen. Und es ist sehr verständlich, dass man vor solchen operativen Eingriffen auch erst mal zurückschreckt und dass es mitunter deshalb damit dauert, bis tatsächlich Endometriose festgestellt wird.

Julia Kaffka [00: 07:40]:

Julia Kaffka [00: Können Sie denn sagen, was ist denn der größte Unterschied zwischen normalen Regelschmerzen und Endometrioseschmerzen?

Hr. Dr. Findeklee [00: 07:48]:

Hr. Dr. Findeklee [00: Das ist auch sehr schwer zu sagen, weil tatsächlich die Intensität der Schmerzen auch nicht immer mit dem Schweregrad der Endometriose korreliert und von daher ist es immer ein individueller Schmerz und man kann jetzt nicht sagen, wenn der Schmerz eine bestimmte Stärke erreicht hat, zum Beispiel auf einer visuellen Analogskala, kann man nicht sagen, dass da eine Endometriose vorliegt oder wenn der Schmerz eben nicht die entsprechende Stärke hat, ist eine Endometriose nicht ausgeschlossen. Von daher gibt es eben leider keine objektiven Parameter, wie man sagen kann, ob eine Endometriose folgt oder nicht. Es ist letztendlich, denke ich, die klinische Situation, die Anamnese, dass man eben fragt, wie äußern sich die Beschwerden, sind sie zyklisch und natürlich auch der Untersuchungsbefund und wenn man dann den Verdacht hat, dann ist es wie gesagt mitunter sinnvoll vielleicht auch eine Bauchspiegelung durchzuführen oder zumindest auch eine hormonelle Therapie, zu sehen, ob eben eine Besserung stattfindet. Wenn also zum Beispiel durch eine hormonelle Therapie eine Besserung der Beschwerden erfolgt, dann kann man auch davon ausgehen, dass gegebenenfalls eine Endometriose vorliegt. Oder sonst, wenn man den Verdacht hat, dass auch eine Beeinträchtigung von Organen vorliegt, z.B. Eine Handhaltende Endometriose mit Nierenstau oder eine Beteiligung der Eileiter mit Problemen schwanger zu werden, dann ist es sinnvoll, die Bauchspiegelung zu machen. Wie gesagt, der Speicheltest oder bestimmte Biomarker aus dem Blut sind jetzt noch eine Zulassungsoption, die wir seit kurzem haben. Aber die müssen sich sicher auch noch in der Praxis begehen.

Hr. Dr. Findeklee [00: 09:20]:

Hr. Dr. Findeklee [00: Das ist noch kein Standard.

Julia Kaffka [00: 09:23]:

Julia Kaffka [00: Jetzt haben Sie eben schon gesagt, die Endometriose-Symptome sind sehr vielschichtig. Kann man aber sagen, gibt es besonders häufige Symptome und wie beeinträchtigen die denn vielleicht sogar den Alltag?

Hr. Dr. Findeklee [00: 09:36]:

Hr. Dr. Findeklee [00: Die häufigsten Symptome der Endometriose sind die menstruationsabhängigen Schmerzen, ganz typisch schon ein bis zwei Tage vor der Menstruation beginnend und dann an den ersten Tagen der Menstruation. Das sind meistens sehr starke Krämpfe im Unterleib, eben durch die eingangs beschriebene Prostaglandine. Und meistens im mittleren Unterwurf, teilweise auch in den Rücken ausstrahlend, manchmal sogar auch in das Bein ausstrahlend. Des Weiteren findet man bei Frauen mit Endometriose sehr häufig Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, die sogenannte Tysperionie, sowie häufig aus einem unerfüllten Kinderwunsch, weil die Endometriose tatsächlich sowohl die Einzelqualität beeinflusst, als auch die Funktion der Einleiter und der Gebärmuttermuskulatur beeinträchtigen kann. Weitere Symptome sind, wie ich schon eigentlich gesagt habe, je nach Lokalisation der Endometriose Schmerzen zum Beispiel beim Wasserlassen oder beim Stuhlgang oder auch wenn die Endometriose im Bereich der Gewährmuttermuskulatur vorkommt, als sogenannte Adenomyose, verlängerte verstärkt dünne Blutungen.

Julia Kaffka [00: 10:42]:

Julia Kaffka [00: A. Okay. Wenn ich mich jetzt da wiederfinde in den Beschreibungen von Ihnen, Was kann ich denn tun, zu einer Diagnose zu gelangen? Relativ schnell und wo bekomme ich denn Hilfe?

Hr. Dr. Findeklee [00: 10:54]:

Hr. Dr. Findeklee [00: Die erste Ansprechpartnerin bzw. Der erste Ansprechpartner ist sicher die Frauenärztin oder der Frauenarzt. Wenn die Untersuchung unauffällig ist oder ein unklarer Befund vorliegt, zum Beispiel eine Diskrepanz zwischen dem unauffälligen Befund bei der Untersuchung und den Beschwerden der Patienten, macht es manchmal auch Sinn, in spezielle Sprechstunden oder in spezialisierte Praxen zu überweisen. Es gibt ja wie gesagt auch Kolleginnen und Kollegen, die zum Beispiel besonders auf die Behandlung von Frauen mit Endometriose spezialisiert sind. Man kann zum Beispiel auch über die Stiftung Endometrioseforschung, so wie ich es auch getan hatte, eine spezielle Qualifikation auf dem Gebiet der Endometriose erwerben und sich dort speziell weiterbilden. Es gibt auch an Kliniken sogenannte Endometriose-Sprechstunden. Diese sind vor allem in den Unikliniken angesiedelt. Es gibt aber auch in anderen nicht-universitären, größeren Kliniken teilweise Spezialspezialstunden für Frauen mit Endometriose oder Verdacht auf Endometriose.

Hr. Dr. Findeklee [00: 11:54]:

Hr. Dr. Findeklee [00: Da gibt es dann die Endometriosezentren Level 1 bis 3. 3 ist sozusagen die größte Spezialisierung, 1 ist dann die Basisversorgung, auch spezialisiert sind. Des Weiteren ist es sicher auch hilfreich, auch wenn man den Verdacht hat und die Diagnose noch nicht bestätigt wurde durch eine Gewebeuntersuchung, dass man auch zum Beispiel eine Selbsthilfegruppe kontaktiert. Da gibt es ja auch in Deutschland verschiedene Selbsthilfegruppen, wie zum Beispiel die Endometriose-Vereinigung Deutschland oder auch Endometriose-Dialog. Da kann man wirklich auf sehr kompetente Hilfe erwarten. Ich denke, Das Internet alleine ist nicht hilfreich, weil man dort häufig auch unterfinanzierte Informationen bekommt. Und ich denke im Internet ist es auch nicht so leicht, mit anderen in Kontakt zu treten oder vielleicht auch zu sprechen. Ich denke deshalb sollte man, wie gesagt, entweder die gynäkologische Praxis oder eben die Spezialsprechstunden an den Kliniken oder die Selbsthilfegruppen aufsuchen.

Julia Kaffka [00: 12:56]:

Julia Kaffka [00: Jetzt noch eine ganz spannende Frage. Kann man Endometriose überhaupt heilen und wenn ja, wie? Weil mir wurde gesagt, heilbar ist es nicht und außerdem wird es ganz schwer schwanger zu werden und so. Hat bei mir jetzt überraschenderweise gut geklappt und seitdem ich die Pille nicht mehr nehme, habe ich tatsächlich kaum noch schmerzen. Kann mir keiner erklären, Sie wahrscheinlich auch nicht, weil man müsste wahrscheinlich reingucken oder keine Ahnung. Aber vielleicht haben Sie eine Erklärung. Kann man es denn heilen?

Hr. Dr. Findeklee [00: 13:26]:

Hr. Dr. Findeklee [00: Sehr gute Frage. Also prinzipiell ist es tatsächlich so, dass die Endometriose östrogenabhängig wächst. Das heißt, je höher die Endometriose im Körper ist, desto aktiver die Endometriose. Es scheint auch eine gewisse genetische Komponente zu geben. Insofern ist es so, dass tatsächlich unter einer Hormontherapie mit Gelbkörperhormonen, sogenannten Gestagen, die Beschwerden meistens sehr gut werden und auch teilweise weggehen. Es kann durchaus auch sein, dass das in der Schwangerschaft oder nach der Schwangerschaft auch zu Verbesserungen kommt durch das Gelbkörperhormon, was dort produziert wird. Und man weiß auf jeden Fall, dass Frauen, die postmenopausal sind, also die nicht mehr in der reproduktiven Lebensphase sind, die keine Regelblutung mehr haben, dass die in der Regel dann keine aktive Endometriose mehr haben. Diese Endometriose kann aber allerdings bei diesen Frauen auch wieder aufladen, wenn sie dann Hormone nehmen, zum Beispiel wegen Wechseljahresbeschwerden, also in dem Fall Östrogen.

Hr. Dr. Findeklee [00: 14:26]:

Hr. Dr. Findeklee [00: Insofern scheint es also hier neben der genetischen Veranlagung eben diesen Zusammenhang mit dem Östrogen zu geben. Man könnte also sagen, durch einen kompletten Östrogenentzug ist es teilweise möglich, die Endometriose auch zu heilen, zumindest theoretisch. Ich denke aber auch hier wird wieder deutlich, wie vielschichtig sich die Endometriose äußert und wie individuell auch jede Erkrankung ist. Man kann sicher nicht sagen, das ist immer so. Man kann nur sagen, es ist in vielen Fällen so. Oder man kann es vielleicht bei vielen Frauen beobachten. Ich kann mich auch schon an Patienten erinnern, die durchaus nach einer Schwangerschaft eine Verschlechterung der Endometriose verspürt haben. Und was den Kinderwunsch betrifft, ist es tatsächlich so, dass es ungefähr doppelt so viele Frauen mit Endometriose gibt, für die es schwieriger ist schwanger zu werden im Vergleich zu Frauen ohne Endometriose.

Hr. Dr. Findeklee [00: 15:16]:

Hr. Dr. Findeklee [00: Und es gibt so grundsätzlich aber eine dritte Regel. Ein Drittel der Frauen mit Endometriose wird trotzdem ohne Probleme schwanger. Ein Drittel hat doch etwas größere Probleme schwanger zu werden. Und bei einem Drittel der Frauen klappt es entweder nicht oder eben nur noch ausgedehnt mit Hintergrundbehandlung. Und man weiß bis heute auch nicht, welche Frau in welche Gruppe gehört und warum es tatsächlich so ist, dass manche Frauen schwanger werden, trotz Endometriose und andere ganz große Probleme haben, schwanger zu werden. Also Da ist sicher auch noch viel wissenschaftliche Arbeit notwendig. Man kann das nicht so pauschal sagen, man kann es nur grundsätzlich sagen, dass es in vielen Fällen zu einer Verbesserung kommt durch den Gelbkörper im Hohn und dass es eben meistens nach der Menopause so ist, dass die Endometriose nicht mehr aktiv ist bei den meisten Frauen.

Julia Kaffka [00: 16:08]:

Julia Kaffka [00: Sehr, sehr spannend. Also vielleicht kann ich ja Mut machen und bin ein gutes Beispiel, Endometriose-Patientinnen auch positiv zu stimmen.

Hr. Dr. Findeklee [00: 16:18]:

Hr. Dr. Findeklee [00: Auf jeden Fall.

Julia Kaffka [00: 16:19]:

Julia Kaffka [00: Ja, also ich habe tatsächlich damit gerechnet, dass das ewig dauern wird und mit Schwanger werden und so weiter und so fort oder vielleicht gar nicht funktioniert. Also da war ich auf Schlimmes eingestellt.

Hr. Dr. Findeklee [00: 16:30]:

Hr. Dr. Findeklee [00: Das fände ich eben auch ganz wichtig, dass man Mut macht, dass man jetzt nicht sagt, es liegt mir eine Mitriose vor und das Leben geht nicht mehr weiter. Es ist ganz schlimm, dass man gewissermaßen wie abgestempelt ist und sagt, ich bin jetzt schwer krank und es geht nicht weiter, so dass man auch weiß, man kann sich auch helfen. Es kann auch sein, dass trotzdem der Kinderwunsch sich zum Beispiel erfüllt. Es gibt viele Möglichkeiten und dass man sich vielleicht eher auch ermutigt fühlt, sich auch mitzuteilen oder vielleicht auch mit anderen darüber zu sprechen, aber jetzt nicht in eine Schockstarre verfällt und sagt, es geht gar nichts mehr. Und ich denke, wichtig ist eben Unterstützung, gerade von gynäkologischer Seite, der empathischen und unterstützenden Betreuung. Dann sicher auch das Verständnis im Umfeld, was natürlich nicht immer so leicht ist. Unterstützung durch ihren Freundeskreis, durch die Familie. Und gerade das Thema Kinderwunsch ist ja auch so multifaktoriell.

Hr. Dr. Findeklee [00: 17:24]:

Hr. Dr. Findeklee [00: Da spielt ja auch zum Beispiel die Fruchtbarkeit des Partners eine Rolle. Und nicht zuletzt, ganz wichtig, das Lebensalter. Ich meine, vielleicht ist das manchmal auch, gerade wenn eine Frau Kinderwunsch hat, dann auch ein Grund zu sagen, okay, wir setzen die Pille vielleicht auch nicht erst mit Ende 30 ab, wo man schon weiß, dass die Kropfbarkeit ab 35 auch was Biologisches und schon nachher ist auch bei Frauen ohne Endometriose sehr deutlich. Nachdessen muss man sagen, besonders, wenn man dann vielleicht sagt, okay wir versuchen es vielleicht auch schon etwas früher den Kinderwunsch umzusetzen, wohl wissen das vielleicht auch, dass das jüngere Alter wieder positiv ist und auch die Fruchtbarkeit beeinflusst ist. Also nicht nur die Endometriose, die dort wirkt. Aber natürlich ist es so, wenn das Alter zum Beispiel dann über 35 ist und noch eine Endometriose vorliegt, dann ist es natürlich deutlich schwieriger, Spender zu werden, Als wenn man vielleicht zum Beispiel mit 30 etwas Pflegehintergrund schon hat.

Julia Kaffka [00: 18:19]:

Julia Kaffka [00: Wenn man den richtigen Partner noch nicht hat, eine schwierige Angelegenheit. Auch hier kann ich sagen 37 und Endometriose. Liebe Frauen da draußen. Ich weiß auch,

Hr. Dr. Findeklee [00: 18:31]:

Hr. Dr. Findeklee [00: das gibt auf jeden Fall Hoffnung. Das heißt ja auch nicht, dass es da nicht klappen kann, aber es ist wie gesagt immer ganz individuell und das sollte man vielleicht auch in der Medizin wissen. Es gibt jetzt keine klaren Gesetze, dass man sagt, bei jeder Frau ist es so oder Bei jeder Frau ist es so oder bei jeder Frau ist es so oder jede Erkrankung einer Endometriose äußert sich so oder äußert sich so. Es gibt eine ganz große Bandbreite und auf jeden Fall besteht, denke ich, auch für jede Frau ganz viel Hoffnung, auch, dass es trotz Endometriose oder auch trotz bestimmter Situationen klappen kann. Ich denke, das ist auch wichtig, dass man das betont, dass man nicht denkt, oh Gott, ich habe überhaupt keine Chance, das geht gar nicht weiter.

Julia Kaffka [00: 19:12]:

Julia Kaffka [00: Alles ist aussichtslos, ja, absolut. Jetzt werden ja aber immer noch viele Frauen damit erst mal gar nicht ernst genommen mit dem Thema. Was muss denn aus Ihrer Sicht als Mediziner passieren, damit Patientinnen eben doch ernst genommen werden mit den Beschwerden?

Hr. Dr. Findeklee [00: 19:27]:

Hr. Dr. Findeklee [00: Das ist natürlich auch sehr viel. Also Als erstes beginnt es natürlich schon mit der Ausbildung der Ärzte und Ärzte. Dass also das Thema Endometriose auch im Studium schon angesprochen wird. Dass man das im Rahmen der Weiterbildung zur Facharzt, zum Facharzt für Epidemiologie und Geburtshilfe thematisiert. Dass natürlich auch die Erkrankung sichtbarer wird, vielleicht auch in der Gesellschaft, dass es auch von politischer Seite Unterstützung gibt, dass das gegebenenfalls im Gesundheitssystem auch abgebildet wird. Also wenn man jetzt zum Beispiel bedenkt, dass man vielleicht für eine durchschnittliche Patientin in der Praxis nur 10 bis 15 Minuten Zeit hat und sonst es vielleicht auch für die Praxis unwirtschaftlich ist, eine Patientin zu betreuen, dann weiß man natürlich oder kann man sich schnell zusammenziehen, dass es bei vielen Frauen mit Endometriose nicht ausreicht, nur zehn Minuten zu reden, was da wirklich deutlich mehr von Nöten ist, die Patientin gut zu betreuen und ihnen auch gerecht zu werden. Also von daher denke ich, reichen wirklich diese Maßnahmen, ich von der Ausbildung, von der Sensibilisierung für die Erkrankung über teilweise gesundheitspolitische, strukturpolitische Probleme, wie zum Beispiel Abbildung in den Praxen, was die Vermutung betrifft, bis hin auch zu Möglichkeiten, auch Endometriose-Patienten auch Medikamente, Heil- und Hilfsmittel zu beschreiben, wo wir ja auch in den Praxen leider durch das Budget relativ reglementiert sind und es vielleicht gar nicht möglich ist, alle Hilfsmittel auch den Patienten zur Verfügung zu stellen, von denen sie profitieren würden. Es gibt vielleicht auch noch, da denke ich, gibt es schon Fortschritte in den letzten Jahren, auf digitale Anwendungen, wie zum Beispiel die Endometriose-App, wo auf Patienten Unterstützung kriegen können.

Hr. Dr. Findeklee [00: 21:17]:

Hr. Dr. Findeklee [00: Das finde ich schön, wenn das auch weiter ausgebaut würde. Dann wäre es sicher auch noch ein großer Gewinn für die Patientin. Und nicht zuletzt, dass man vielleicht auch die Endometriose zum Beispiel auch sichtbarer macht, indem man zum Beispiel auch über die Interstitial Management Programme einzuführen, wo man auch strukturiert die Warnung der Erkrankung stattfinden lassen kann in den Praxen. So ähnlich wie es zum Beispiel in der Gynäkologie schon für Brustkrebs durchgeführt wurde. Und dass man vielleicht auch bestimmte Tests, wie zum Beispiel jetzt diesen Speicheltest, der vor neun Monaten auf den Markt gekommen ist, dass man die vielleicht auch mal unterstützt, dass sie auch bezahlbar werden. Ich denke, selbst das ist noch nicht alles, was ich jetzt sagen konnte, aber es wären vielleicht die wichtigsten Punkte. Also Ausbildung der Ärzte, Sensibilisierung, Abbildung der Patienten, auch in der allgemeinen gynäkologischen Sprechstunde, ausreichende Möglichkeiten, die Patienten mit Heilmitteln und Medikamenten zu versorgen, digitale Anwendung, Unterstützung Und natürlich auch Unterstützung bei Themen wie Kinderwunsch oder Arbeitsplatz. Da könnte man natürlich auch noch lange reden, wenn man bedenkt, dass Paare, die zum Beispiel nicht verheiratet sind und Endometriose haben oder wie Frau Endometriose hat, auch keinerlei finanzielle Unterstützung bei Kinderwunschbehandlungen haben.

Hr. Dr. Findeklee [00: 22:41]:

Hr. Dr. Findeklee [00: Also da gibt es sicher auch noch viel Bedarf zu unterstützen. Ich weiß natürlich auch, dass die finanziellen Mittel im Gesundheitssystem begrenzt sind. Aber gerade deshalb ist es eben auch wichtig, dass auch Frauen wie Frau Waddell zum Beispiel auch Arbeit betreiben und auch Fürsprecherin sind für die Patientinnen und damit auch versuchen, die Patientinnen Gehör zu verschaffen und eben die Patientinnen auch zu vertreten und der Politik und der Öffentlichkeit, weil sonst wird sich nichts tun. Ich gebe auch mein Bestes, aber einer allein wird nicht die Welt verändern können. Es geht sich ja nur gemeinsam und eben durch eine gute Arbeit, durch eine gute Öffentlichkeitsarbeit ohne Verletzungen.

Julia Kaffka [00: 23:23]:

Julia Kaffka [00: Absolut, das ist eine sehr sehr schöne Überleitung, muss ich sagen. Also wir können festhalten, es gibt noch einiges zu tun Und du Eva engagierst dich seit vielen Jahren ehrenamtlich für die Endometriose-Vereinigung und auch im politischen Bereich für die Interessen und die Sichtbarkeit von Endometriose-Patientinnen, genau das zu verändern. Warum ist denn die Sichtbarkeit für diese Erkrankung so wichtig und warum ist sie überhaupt gar nicht so sichtbar im Moment?

Eva Walle [00: 23:50]:

Eva Walle [00: Ja, das ist tatsächlich auch eine sehr, sehr, sehr schwierige Frage, die wir uns als Verein auch immer wieder stellen und als Patientenvertretung. Unser Positionspapier in Richtung Politik, Bundestag, Landtag, Kommunalpolitik beinhaltet auch genau das. Und dort benennen wir es auch so konkret. Endometriose ist viel mehr als eine Erkrankung mit Regelschmerzen. Es ist wirklich eine Volkskrankheit und ein gesamtgesellschaftliches Problem auch dadurch. Weil, du hattest eben schon gesagt, du hast Ausfallzeiten unter Umständen im Job. Das kann natürlich auch nicht im Sinne der Arbeitgeber sein, auch nicht im Sinne des Gesundheitssystems sein. Von daher arbeiten wir da dran.

Eva Walle [00: 24:32]:

Eva Walle [00: Wir brauchen auf jeden Fall viel, viel mehr Forschung, auch im Thema Gendermedizin. Die bekannte Professorin aus Berlin, Professor Mexner, also eine absolute Koryphäe auch auf dem Gebiet der Endometriose, hat es genauso formuliert damals und hat gesagt, wenn das eine Erkrankung wäre, die hauptsächlich Männer betreffen würde, wären wir hier schon viel, viel weiter. Das ist natürlich ein bisschen polemisch, allerdings hat sie wahrscheinlich auch nicht ganz unrecht. Ich meine, man sieht es auch in anderen Erkrankungen, dass da die Forschung wirklich sehr stark immer noch auf das männliche Geschlecht ausgelegt ist. Und das ist etwas, woran wir zum Beispiel auch arbeiten auf politischer Ebene. Herr Findecler hat es eben auch schon gesagt, die Vergütung von Endometriose-Sprechstunden, das ist auch ein ganz großes Thema. Das Thema Zeit für Endometriose-Patientinnen, das ist ein Thema. Und wir arbeiten auch an einer Strategie, ähnlich wie in Frankreich oder Australien, auf bundespolitischer Ebene.

Eva Walle [00: 25:27]:

Eva Walle [00: Da fehlt es wirklich an einem Gesamtkonzept für Endometriose. Also Emmanuel Macron hat es vorgemacht letztes Jahr. Der hat Endometriose auf die Agenda gesetzt für gesamt Frankreich und das ist auch unser Ziel für Deutschland und für Europa.

Hr. Dr. Findeklee [00: 25:41]:

Hr. Dr. Findeklee [00: Das finde ich ganz prima, dass Sie das auch sagen Frau Wallé. Was mir zu dem Thema auch einfällt, Man könnte sogar auch mal überlegen, dass man vielleicht auch Frauen mit Endometriose auch zum Beispiel mal einen zusätzlichen freien Tag einräumt oder zum Beispiel auch eine Anschluss-Heilbehandlung oder eine andere Reha-Maßnahme. Aber das sind, denke ich, Maßnahmen, die auch dazu führen würden, vielleicht die Frauen zu unterstützen in der Situation. Ich denke, das Problem sind hier wirklich die knappen Ressourcen im Gesundheitswesen, was auch uns daran hindert, dass wir schon weiter sind. Aber ich kann eben auch nur zu 100 Prozent zustimmen.

Julia Kaffka [00: 26:14]:

Julia Kaffka [00: Ja, ich auch. Ja, unser Gesundheitsminister hat ja das Wort Endometriose neulich ja tatsächlich auch mal in den Mund genommen. Also möglicherweise kann sich da auch was tun. Warum ist denn aus deiner Sicht so wichtig, Eva, dass die Sichtbarkeit einfach größer wird?

Eva Walle [00: 26:33]:

Eva Walle [00: Ich kann jetzt tatsächlich aus meiner persönlichen Warte auch berichten. Bis zu meiner Diagnose kannte ich Endometriose auch nicht. Das war bei mir wirklich ein Zufallsbefund. Und die direkte Nachbetreuung Nach der Operation lief bei mir ungefähr so ab, ja, herzlichen Glückwunsch, Sie haben Endometriose, Sie können keine Kinder mehr bekommen. Gehen Sie zu Ihrem niedergelassenen Gynäkologen und lassen Sie sich dort beraten. Das hat dann damals Herr Findeklee Gott sei Dank übernommen. Also da bin ich ihm auch noch sehr dankbar für. Aber das war für mich halt auch ein Punkt, an dem ich dann gesagt habe, okay, das darf so nicht sein.

Eva Walle [00: 27:07]:

Eva Walle [00: Das muss viel, viel bekannter werden, dass es nicht anderen Frauen genauso geht wie mir. Bis zu meiner Diagnose hat es auch tatsächlich sage und schreibe 23 Jahre gedauert. Also ich fall da auch völlig aus dem Schnitt raus. Aber genau, das war jetzt so der Anlass dafür zu sagen, ich muss mich da engagieren, habe auch über die Endometriose-Vereinigung Deutschland ganz viel Hilfestellung und Beratung bekommen und habe dann quasi in dem Zuge wirklich entschlossen, mich da politisch auch zu engagieren und mehr Aufmerksamkeit für das Thema zu gewinnen.

Julia Kaffka [00: 27:40]:

Julia Kaffka [00: Auch interessant, was manche Ärzte dann einfach so raushauen. Muss man auch mal sagen. Wenn wir uns jetzt mal ganz konkret den Alltag und vor allen Dingen den Arbeitsplatz von Endometriose-Patientinnen anschauen, welche Herausforderungen haben denn Betroffene da am Arbeitsplatz?

Eva Walle [00: 27:58]:

Eva Walle [00: Jetzt könnte ich natürlich auch wieder mit Statistik kommen. Also so eine durchschnittliche Lebensarbeitszeit in Deutschland liegt bei 40 Jahren. Wenn ich mir jetzt vorstelle, 40 Jahre unter dem Leidensdruck der Endometriose zu arbeiten oder arbeiten zu müssen, Das kann durchaus sehr, sehr einschränkend sein. Also ich meine, alle, die selber auch betroffen sind, werden das wissen. Speziell während des Zyklus kann das durchaus mal so sein, dass man vor Schmerzen kaum noch aufstehen kann und sich kaum auf den Beinen halten kann. Das heißt, da ist man natürlich auch nicht so leistungsfähig, wie man das gerne sein würde am Arbeitsplatz und weiß auch kaum, wie man diese Arbeitsanforderungen bewältigen soll. Für mich ist auch ein ganz großes Thema, dass die Endometriose überhaupt oder auch den weiblichen Zyklus mal aus der Tabu-Ecke rauszunehmen. Und dass man wirklich auch mal drüber sprechen kann am Arbeitsplatz.

Eva Walle [00: 28:54]:

Eva Walle [00: In Südeuropa gibt es ja auch ein leuchtendes Beispiel dafür. Da können Frauen während ihrer Menstruation, wenn es halt gar nicht geht, freinehmen. Also da gibt es bezahlte Freistellungstage von den Betrieben für die Patientinnen, die es halt wirklich brauchen. Dieser Anspruch da immer funktionieren zu müssen während der Arbeit oder auch im Privatleben. Es ist ja nicht nur die Arbeit, das ist schon hart noch zusätzlich für die Betroffenen auch psychisch gesehen. Also es ist da nicht nur die körperliche Belastung, sondern auch einfach eine mentale immense Belastung.

Julia Kaffka [00: 29:28]:

Julia Kaffka [00: Absolut. Ich meine, wenn man sich aus meiner Erfahrung drei Tage lang mindestens drei IBUs am Tag, 400er reinhauen muss, damit man überhaupt arbeiten kann. Das ist schon, würde ich auch sagen, nicht ohne und steht nicht wirklich im Fokus. Ja, ist noch in der dunklen Ecke, Absolut. Also was kann denn getan werden, die Bedingungen zu verbessern und die Sensibilisierung auch im Arbeitsplatz voranzutreiben? Gibt es da Ideen?

Eva Walle [00: 29:54]:

Eva Walle [00: Da gibt es tatsächlich viele Ideen. Wir haben auch im vergangenen Jahr wirklich eine Umfrage unter 2.500 Betroffenen gemacht, die genau diese Fragestellungen abgedeckt hat. Da kam dann auch wirklich raus, dass knapp 70 Prozent der Teilnehmenden auch aufgrund ihrer Endometriose durchaus öfter mal krank geschrieben waren. Aber so kleine Baustellen wie zum Beispiel flexiblere Arbeitszeiten, Homeoffice, ein bisschen andere Bürogestaltung, wenn es ein Büroarbeitsplatz ist mit höhenverstellbaren Schreibtischen oder Möglichkeiten, eine Wärmflasche zu machen, so ganz banale Dinge, da schon wirklich einen massiven Einfluss drauf haben, wie sich die Patientinnen oder die Betroffenen das Arbeitsleben ein bisschen erleichtern können. Dann kam zum Beispiel auch noch raus, dass viele Patientinnen sich auch wünschen würden, mehr mit ihrem Arbeitgeber darüber sprechen zu können und auch nicht dann direkt abgestempelt zu werden. So nach dem Motto, naja, das ist halt die mit der Modeerkrankung, die kommt jetzt einmal im Monat und fällt dann aus. Also auch das Thema Kommunikation war ein Riesenpunkt, der dabei rauskam. Und zum Beispiel auch ein Modell aus Schweden wäre wünschenswert, auch für Deutschland.

Eva Walle [00: 31:12]:

Eva Walle [00: Da geht es das Thema Teilkrankschreibung. Also, dass man wirklich den Betroffenen ermöglichen kann, zum Beispiel mal einen halben Tag zu arbeiten, wenn so eine akute Schmerzphase ist oder eine akute Krankheitsphase, dass man dann wirklich sagt, okay, man macht halt nicht den kompletten Krankenschein, sondern man arbeitet halt stundenweise. Das Modell gibt es in Deutschland noch nicht, aber es wäre zum Beispiel ein sehr wünschenswertes Modell aus unserer Sicht. Und dann gibt es natürlich auch noch, jetzt sind wir ja im Rahmen des BKK-Podcasts, da kann ich natürlich auch aus eigener Erfahrung berichten, dass ich da unheimlich viel Unterstützung auch von meiner Krankenkasse bekommen habe. Also da gab es auch immer ein offenes Ohr und offene Türen, an die man sich wenden konnte mit Fragen. Es gibt in größeren Betrieben zumindest ein betriebliches Gesundheitsmanagement, die da auch unterstützend und beratend tätig sein können oder auch eine Schwerbehindertenvertretung. Also da sollten sich Betroffene auch nicht scheuen, Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Julia Kaffka [00: 32:14]:

Julia Kaffka [00: Jetzt hat man ja dann doch auch ab und zu Hemmungen vielleicht darüber zu reden. Wie kann ich denn als Betroffene meine Bedürfnisse irgendwie kommunizieren, ohne mich da total unwohl zu fühlen und mit hochrotem Kopf beim Chef am Stuhl zu sitzen?

Eva Walle [00: 32:28]:

Eva Walle [00: Das ist tatsächlich auch eine sehr schwierige Frage, über die ich lang nachdenken musste. Es hängt auch viel vom Gegenüber ab. Also nicht jeder Vorgesetzte oder jedes Gegenüber ist empfänglich für das Thema, das muss man auch leider sagen. Ich kann aber nur jedem raten, sich Verbündete zu suchen. Wie es Dr. Findeclay auch schon gesagt hat, sei es im Freundeskreis, unter Kollegen, in der Familie, mit Ärzten, Selbsthilfegruppen oder vielleicht sogar eine psychologische Beratung. Das ist auf jeden Fall sinnvoll, dann vielleicht dort auch solche Gesprächssituationen mal durchzuspielen, sich einfach ein bisschen wohler mit der Situation zu fühlen. Und dann hilft nur eines, Aufklärung, Aufklärung, Aufklärung.

Eva Walle [00: 33:11]:

Eva Walle [00: Das Gegenüber weiß unter Umständen auch nicht, was Endometriose ist und was das Ganze mit sich bringt. Also da kann ich wirklich nur jedem raten, trotzdem offen damit umzugehen und auch seine Bedürfnisse wirklich ganz klar zu kommunizieren und auch nicht die Schuld bei sich zu suchen. Das hören wir auch immer ganz, ganz häufig von Betroffenen, dass die irgendwie das Gefühl haben, naja, sie sind schuld, dass sie diese Erkrankung haben. Das ist nicht so. Man hat einfach diese Erkrankung, man muss lernen, damit zu leben. Das ist nicht immer einfach, aber das Wichtigste ist wirklich Verbündete suchen und offen darüber sprechen und aufklären.

Julia Kaffka [00: 33:48]:

Julia Kaffka [00: Jetzt zum Schluss noch eine Frage an beide. Gibt es denn Tipps, wie ich als Betroffene mit der psychischen Belastung umgehen kann? Also wenn ich weiß, da stimmt was nicht, aber keiner oder nur wenige Menschen nehmen mich ernst. Wer mag anfangen? Ladies first?

Hr. Dr. Findeklee [00: 34:04]:

Hr. Dr. Findeklee [00: Ja.

Eva Walle [00: 34:05]:

Eva Walle [00: Okay, also eigentlich die gleiche Antwort wie vorhin. Man braucht Verbündete, man braucht Unterstützer im Freundeskreis, in der Familie, in der Partnerschaft. Und man braucht auch ein gutes Netzwerk aus Ärzten, Therapeuten, Komplementärmedizin, der Krankenkasse und natürlich auch die, ich sage mal das, was man für sich selber tun kann. Man muss so ein bisschen rausfinden, was tut einem gut. Ist es der Tag mit der Wärmflasche im Bett? Ist es Yoga? Ist es eine Ernährungsberatung, die da unterstützen, tätig sein kann? Das alles sind so Einzelfaktoren, wie man versuchen kann, sich selber einfach ein bisschen das Leben mit der Erkrankung zu erleichtern und da auch niemals abwimmeln lassen, wenn man nicht ernst genommen wird. Das ist vielleicht auch noch ganz wichtig, sondern dann im Zweifel auch sagen, okay, das ist jetzt der falsche Ansprechpartner für mich, Ich suche mir woanders Hilfe.

Julia Kaffka [00: 35:06]:

Julia Kaffka [00: Vielen Dank. Was sagen Sie, Herr Dr. Findeklee?

Hr. Dr. Findeklee [00: 35:09]:

Hr. Dr. Findeklee [00: Das sehe ich prinzipiell genauso. Ich als Gynäkologe würde vielleicht erst mal sagen, natürlich auch mit der Gynäkologin oder dem Gynäkologen noch mal in Ruhe sprechen darüber. Vielleicht sonst auch einen Termin mal am Ende der Sprechstunde machen, wo jetzt nachhinten ein bisschen Zeit ist, dass man nicht so unter Zeitdruck steht in der vollen Sprechstunde mitten am Tag. Ganz wichtig natürlich im Privaten die Freundinnen und Freunde zu haben, sich anzuvertrauen. Wenn die es nicht verstehen, dann sind es vielleicht auch keine guten Freundinnen oder Freunde. Weil ich denke nur, wenn es schwierig wird, dann zeigt sich ja nicht jetzt wahre Freundschaft oder wahre Unterstützung oder Liebe. Ansonsten denke ich auch das Netzwerk ist ganz entscheidend. Also tatsächlich auch vielleicht auch wie Frau Walle gesagt hat, dass man sein Recht auch einfordert, dass man sich nicht abspeisen lässt, dass man nicht aufgibt und dass man sich vielleicht auch informiert nochmal, wer kann mir sonst helfen, wenn ich vielleicht weiß, okay, hier in der Praxis ist es nicht so, Aber vielleicht gibt es irgendwo eine andere Klinik, wo ich schon mal gehört habe oder von anderen gehört habe oder gelesen habe, dass die in Spitzel in Wielz sind, dass man es dann dort weiter versucht, bis man vielleicht den richtigen gefunden hat.

Hr. Dr. Findeklee [00: 36:27]:

Hr. Dr. Findeklee [00: Und für alle Ärztinnen und Ärzte denke ich auch, dass man natürlich die Patientin ernst nimmt und dass man auch versucht, sein eigenes Netzwerk zu nutzen. Also ich weiß, okay, wenn ich vielleicht jetzt nicht sicher bin, dass ich in die Klinik schicke, wo ich vielleicht jemanden kenne oder nochmal in eine andere Klinik, wo ich weiß, dort ist ein Spezialist, wo ich auch weiß, der kann mich guten Gewissens die Patientin hinschicken und dass man dann gegenseitig auch davon profitiert. Also dass man dann vielleicht von der Anerkennung wieder eine andere Beobachtung bekommt, was man sonst nicht gewusst hätte und dass man dann gemeinsam versucht, den Weg zu finden. Gemeinsam ist man immer stärker und gemeinsam schafft man das dann meistens auch.

Eva Walle [00: 37:09]:

Eva Walle [00: Jetzt könnte ich ja noch eine kleine kurze Werbung einbauen von der Endometriose-Vereinigung. Wir bieten auch kostenlose Erstberatungen an. Also dort gibt es wirklich ein Beratungstelefon für Betroffene, an dem sich jeder wenden kann, auch Angehörige tatsächlich, und einfach mal dort durchtelefonieren, durchklingeln und sich dort auch ein bisschen Hilfe und Unterstützung suchen. Also es ist auf jeden Fall auch ein guter Weg. Und dort gibt es auch eine Landkarte auf der Webseite, wo man auch aus Patientensicht wirklich Einrichtungen, Kliniken, Ärzte bewerten kann und sich dann dort auch von anderen Patientinnen Tipps und Tricks suchen kann, die das dann schon bewertet haben, dass man da einfach eine gute Anlaufstelle hat für eine spätere Therapie.

Julia Kaffka [00: 37:57]:

Julia Kaffka [00: Wunderbar. Das sind sehr, sehr gute Schlussworte, wie ich finde. Vielen, vielen Dank an beide für dieses interessante Gespräch. Ich fand es war sehr hilfreich. Und ich hoffe, wir konnten heute vielleicht der ein oder anderen auf dem Weg zur Diagnose helfen und ein klein wenig dazu beitragen, dass Endometriose mehr Sichtbarkeit bekommt. Und wer jemand im Umfeld hat, der betroffen sein könnte, geht hoffentlich in Zukunft auch etwas sensibler mit dem Thema Und wenn ihr da draußen keine Folge unseres Gesundheitspodcasts verpassen wollt, dann abonniert ihn ganz einfach in eurer Podcast-App. Und bis dahin, bleibt gesund!